NWJV aktuell - 20. April 2000
Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Judoka abgeblitzt
Brüssel – Die europäischen Sportverbände dürfen auch in Zukunft entscheiden über die Auswahl der Sportler, die an Turnieren teilnehmen dürfen, urteilte gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Entsprechende Auswahlkriterien seien für hochrangige internationale Wettkämpfe notwendig und würden für sich genommen nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Im konkreten Fall, über den die EuGH-Richter entschieden, hatte Christelle Deliège, eine belgische Judoka, gegen ihren nationalen Verband geklagt, der ihr die Teilnahme an einem internationalen Wettkampf in Paris verweigert und stattdessen andere Sportler ausgewählt hatte. Deliège behauptete vor Gericht, die Verbände hätten ihre Karriere damit behindert. Als Halbprofi gehe sie einer wirtschaftlichen Tätigkeit nach und habe nach EU-Vertrag ein Recht auf die freie Berufsausübung und damit auch ein Recht auf die Teilnahme an internationalen Turnieren. Ein belgisches Gericht bat den EuGH um eine Entscheidung.
Anders als im Urteil Bosman, mit dem der Gerichtshof 1995 Berufssportlern EU-weit den freien Zugang zum Arbeitsmarkt gesichert hatte, sahen die EuGH-Richter diesmal keinen Grund, die geltenden Regeln zu monieren. Die strittigen Auswahlkriterien für Wettkämpfe regelten weder den Zugang zum Arbeitsmarkt Berufssport, noch enthielten sie Ausländerklauseln, die gegen EU-Recht verstoßen würden. Die Zahl der Teilnehmer an einem Wettkampf müsse vielmehr zwangsläufig beschränkt werden, so die Richter, und es sei die natürliche Aufgabe der nationalen Verbände, dafür geeignete Regeln aufzustellen. (rez)
(aus: SZ 12. April 2000)